Die Busfahrt zurück führt durch die Highlights der polnischen Karpaten. Es regnet immer noch, Nebelschwaden ziehen hübsch durch die Berge. Wir fahren an völlig überfüllten Holzkirchen (es ist Sonntag) vorbei, sogar eine heruntergekommene Schule mit einem Flugzeug aus dem WWII sieht durch den Nebel romantisch aus. Hier hat die Flurbereinigung nicht so gnadenlos zugeschlagen wie bei uns. Die Wiesen sind blau von Disteln oder weiß-blau von Margariten und Glockenblumen, Bäche schlängeln sich unbegradigt durch die Landschaft, auf einer Wiese stacksen Störche.
Schilder zu entsprechenden Lokalen weisen darauf hin, dass hier die Heimat der Huzulen ist. Die Huzulen sind bzw. waren ein ganz oder teilnomadisches Volk in den Karpaten, das sich lange erfolgreich jeder staatliche Eingliederung widersetzte, d.h. die Huzulen haben einfach ihren Stiefel gelebt, ungeachtet der politischen Verhältnisse. Angeblich sprechen viele Huzulen heute noch ihren Dialekt des Russinischen und daneben natürlich die Staatssprache, je nach dem polnisch, rumänisch oder russisch bzw. ukrainisch. Ansonsten gibt es – so mein persönlicher Eindruck – viel Touristenfolklore.
In Sanok muss ich umsteigen und merke, manches ist doch noch wie früher. Auf der Toilette sitzt eine übellaunige Dame, die für 2 Złoty gnädigerweise Toilettenpapier zuteilt. Die Info am Busbahnhof ist geschlossen, wo mein Anschlussbus abfährt ist unklar. Ich mache mich mit 2 Polinnen auf die Suche. Ein junger Mann schließt sich an. Nach 20 min. herumirren und befragen von etlichen ebenfalls ratlosen Menschen, haben wir es tatsächlich herausgefunden – seltsamerweise kommt man ja doch immer an.
Da ich nicht noch mal umsteigen mag und außerdem noch Zeit ist, bleibe ich eine Nacht in Rzeszów („Scheschuv“). Rzeszów ist eine erfreuliche Überraschung: es ist eine sehr lebendige Studentenstadt, nicht nur der schöne Rynek (Marktplatz), sondern auch die umliegenden Straßen sind Fußgängerzone, ein Lokal reiht sich ans andere. Es gibt natürlich alles, was hipp ist: Burgerlokale, Eismanufakturen mit komischen Eissorten, Cup-Cake-Cafés und die unvermeidbaren Smoothies. Letztere sind extrem teuer, in der Italo-Studentenbar würde ein Smoothie mehr kosten als meine Pizza. Aber es gibt auch noch Wiener Kaffeehäuser und viel Charme von gestern und heute. Die Touristeninfo bietet eine Tour durch die unterirdischen Gänge der Stadt angereichert Information zur Geschichte, in der- wie immer in dieser Ecke – die Polen, die Russen, die Tataren, Juden, die Habsburger, die Nazis und Sowjets eine wichtige Rolle gespielt haben.
Morgen geht es dann weiter nach Lviv (Lemberg) in der Ukraine.