Lutzk – Breakdance ist für kleine Mädchen

„Wieso ausgerechnet nach Lutsk?“ fragt der Hostelbesitzer in Czernowitz, als ich ihn frage, wie ich am besten in selbiges komme. Als ich dann unterwegs bin, frage ich mich das auch. Eigentlich wollte ich mit dem Nachtzug fahren, hatte aber bei der Planung übersehen, dass dieser nur jeden zweiten Tag fährt und genau an dem Tag nicht, an dem ich fahren will. Also stehe ich um 5:00 auf und reise mit diversen Zügen, Minibussen und Marschrutkas (Linientaxis) an. Die überfüllten Busse sind bei der Hitze nur ein mäßiger Spaß.

Das ca. 210.000 Einwohner zählende Luzk ist ist Bezirkshauptstadt von Wolhynien. Die Anzahl der verschiedenen Sakralbauten weißt auf eine bewegte Geschichte hin: es gibt je eine oder mehrere katholische, ukrainisch griechisch-katholische, ukrainisch orthodoxe und evangelische Kirchen sowie eine Synagoge. Außerdem gibt es eine Burg und eine Altstadt, die nicht immer ganz so aussieht wie ich erwartet habe. Nachdem ich schon etliches gesehen habe, bin ich gar nicht mehr in Beichtigungslaune, was mir ein bisschen leid tut, denn Luzk gibt sich Mühe. Überall stehen englische Wegweiser, nach einem Besuch der freundlichen Touristinformation bin ich bestens informiert und halte diverse englische Broschüren und Stadtpläne in Händen. Am beeindruckensten finde ich das Haus des (noch aktiven) Bildhauers Mykola Golovan, der dabei ist, seine Villa in ein gaudieskes Gesamtkunstwerk zu verwandeln.

Ansonsten ist Luzk eine freundliche Stadt mit einer Fußgängerzone, einem breiten Boulevard und etlichen netten Cafés. Das alles befindet sich im sozialistischen geprägten modernen Teil der Stadt. Hier treffen sich auch Jugendliche zu zum Teil wirklich spektakulären Breakdance Darbietungen. Interessanterweise sind auch ein paar kleine Buben und Mädchen mit von der Partie, die den coolen großen Jungs nichts nachstehen.

Luzk ist die ideale Stadt, um genauer zu erkunden, was es so zu kaufen gibt und was das alles so kostet. Das Durchschnittseinkommen, wird mir gesagt, bewegt sich zwischen 2.500 und 5.000 Griwna. 1 Euro sind etwa 28 Griwna. Erster Stopp ist der riesige und bunte Markt. 1 Kilo Tomaten (die tatsächlich intensiv nach Tomate schmecken) kostet 20 Griwna, eine große Tüte Himbeeren 15 Griwna. An einem Stand für Drogerieartikel erstehe ich eine Packung Tempo zu 3 Griwna und Nagellack (Fake MAC) zu 12 Griwna.

In dem großen und gut sortierten Supermarkt dominieren einheimische Marken, nur der Joghurt ist von Danone. Importware ist sehr teuer, ein winziges Glas Nutella kostet fast 120 Griwna. Käse kostet ca. 15-20 Griwna für 100 g., Brot unter 10 Griwna. Schokolade aus Lviv gibt es als Billigprodukt für 8 Griwna und eine (sehr leckere Edelvariante) für 25 Griwna. Mineralwasser kostet 15 Griwna für 1,5 l., wobei fast überall auch zum Teekochen Mineralwasser verwendet wird. D.h. Wer arm ist, muss das schlechte Leitungswasser trinken.

In der Fußgängerzone befindet sich auch ein Geschäft namens „Winetime“, in dem es Weine aus aller Welt (ein paar wenige aus der Ukraine und Georgien), Spirituosen und Edel-Lebensmittel gibt. Es gibt Whisky für über 3.000 Griwna, ich frage mich, wer sich das leisten kann.

Nachmittags treffe ich mich mit Viktor, der mir am Vorabend den Weg zum Hostel gezeigt hat.  Viktor hat nicht so viel Lust über aktuelle Politik und die wirtschaftliche Lage zu sprechen. Insgesamt blickt er mit einer gewissen Skepsis in die Zukunft, ist aber auch nicht besonders sorgenvoll.  Er möchte sich lieber über das Reisen austauschen. So wie ich das verstehe, verfügt er über wenig Geld und viel Neugierde. Mit Schnäppchen-Tickets, Rucksack, Zelt und per Anhalter hat er mehr oder weniger ganz Europa bereist. Es mag nicht ganz 100% erlaubt sein, in München im Englischen Garten zu campen, zentral und am Puls des Münchner Lebens ist es allemal.

Unterwegs – Busfahren schafft es nicht in die Top 5 der schönsten Reiseerlebnisse
Mit dem coolen Gesichtsausdruck klappt es noch nicht so ganz – ansonsten bin ich schwer beeindruckt.
Die Lutheranische Kirche – hätte ich auch ohne Schild erkannt.
Die Villa des Bildhauers Golovan.
Die Burg – Wahrzeichen der Stadt
In der Altstadt.
Kunst im Café, die Werke sind von der Designerin N. Garadinska.
Tomaten mit Geschmack
„Vogelmilch“ gibt es als Dessert und Konfekt. Erfunden wurde sie 1936 von dem Polen Jan Wedel.
Viktor – Spezialist für Budget-Reisen. Ein sehr interessanter Gesprächspartner

2 Kommentare

  1. Liebes Fräulein Hase,
    ich bin auch eine von deinen Fans, die dir (wie der Robert schon geschrieben hat) begeistert folgen, aber ungern kommentieren… darum schicke ich dir hier einfach ein paar ganz herzliche Grüße.
    Ich freue mich schon auf neue Bilder, Berichte – und Fotos der kulinarischen Kreationen :-)!
    Weiterhin viel Spaß und gute Reise, das wünscht dir Brigitte

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