Die Karpaten – eher ein ehemaliger Geheimtipp

Mein erster Stopp auf dem Weg in die Karpaten ist Sanok, das nicht weit von Przemyśl entfernt ist. Da mir aber der einzige direkte Bus um 5:45 zu früh ist, reise ich mit diversen Busen auf dem größt möglichen Umweg an und brauche fast 4 Stunden.

Sanok bietet gleich 2 Highlights. Das erste ist die Ausstellung des Malers Zdzisław Beksiński („Sdsiswalv Beksiñski“), der ein sehr ungewöhnliches Werk hinterlassen hat. Ich kann mich nicht wirklich entschließen, die düsteren Bilder gut zu finden, bin aber so fasziniert, dass ich fast den ganzen Nachmittag in der Ausstellung verbringe. Die Bilder erinnern an den österreichischen Künstler Alfred Kubin, leider lässt sich nicht herausfinden, ob der eine das Werk des anderen kannte. Der  Künstler selbst hatte ein äußerst tragisches Leben, seine Frau starb nach sehr schwerer Krankheit, sein Sohn beging 1999 Selbstmord, er selbst wurde mit 76 Jahren von einem 19jährigen Bekannten ermordet, weil er sich weigerte, diesem Geld zu leihen.

Das zweite Highlight ist eines von Polens größten und schönsten Freilichtmuseen, das sich über ein riesiges Gelände erstreckt und sogar mit einem galizischen Marktplatz aufwartet. Ich bin begeistert.

Schließlich mache ich mich zum Wandern auf: eine 2-Tagestour von Cisna („Zisna“) nach Ustrzki Górne („Ustschki Gurne“). Startpunkt ist eine wirklich sehr nette Berghütte in Cisna. Es gibt kein Lager, sondern 4-Bettzimmer und es ist nicht nur nicht bei Todesstrafe verboten eigenes Essen und Getränke zu sich zu nehmen, es gibt sogar einen Wasserkocher und Geschirr. Meine Zimmernachbarin nimmt in 2 Tagen an einem 80-km-Berglauf teil. Ich bin nach dem ersten Tag Wandern schon recht bedient. Die Berge sind zwar nicht hoch, dafür ist es ein ständiges Auf und Ab.  Aber die Aussicht ist wunderbar beruhigend und es sind kaum Leute unterwegs.

Der Schock kommt am Endpunkt der ersten Etappe. Smerek ist hässlich, was nicht so schlimm wäre, schlimmer ist, dass alles ausgebucht ist. Also latsche ich gottergeben 6 km  an der Schnellstraße in den nächsten Ort, um festzustellen, dass gerade ganz Polen in Bieszczady („Bieschtschadi“), so heißt die Region,  Urlaub macht. Im Hostel ist aber noch ein Platz in einer Hütte (im wahrsten Sinne des Wortes) frei. Hier gibt es tatsächlich eine Art alternative Szene, es wird vegane Taubnesselsuppe angeboten, vor der Nachbarhütte kifft jemand. Leider sind meine immer noch muskelfaserriss-lädierten Beine schwerst beleidigt.

Am nächsten Tag schüttet es, ich lege einen faulen Tag ein und lese endlich (!) „Solaris“ von Stanisław Lem, das schon lange auf der Liste steht, außerdem passt es zum Land.

Tags drauf regnet es nur noch und ich entscheide mich, weiterzuwandern. Der Regen gibt der Landschaft etwas Mythisches, es ist wirklich sehr hübsch. Allerdings ist trotz des Wetters ganz schön was los. Nach 2/3 der Wanderung fängt es wieder an, aus Eimern zu schütten, was geht. Der Wanderweg kreuzt die Schnellstraße und dieses Mal bin ich schlau: ich strecke den Daumen raus und zwei sehr nette Jungs, die bei einem Berg-Marathon mitgemacht haben und total euphorisiert sind, nehmen mich mit. Einer der beiden lispelt, was in Polen sicher schlimm ist, das Polnische kennt 2 „S“-Laute und 5 „Sch“-Laute. (Im Hostel lerne ich: viele trampen hier, es ist sicher. Außerdem: was sollte man einer durchnässten Wanderin klauen? Die nassen Stinkesocken?).

Sicher in Ustrzki Górne angekommen, quartiere ich mich am Campingplätze in einer Luxusdreieckshütte ein: eigenes Zimmer, Bad in der Hütte, ich muss es nur mit einem anderen Zimmer teilen.

Da es weiter schlecht bleibt, werde ich wohl weiter reisen und keine weiteren Berge besteigen.

Bild von Zdzisław Beksiński in Sanok
Die Bilder von Zdzisław Beksiński sind alle ohne Titel, der Betrachter soll es selbst interpretieren.
Ich würde dieses Bild „Angela Merkel auf dem Kirchentag“ nennen.
Wer mich kennt, weiß: kein Urlaub ohne Bauernhofmuseum
Die Waldkarpaten.
„Meine“ Hütte im Hostel. Innen ist es so naja, zum Glück habe ich einen Schlafsack dabei.
Die Karpaten im Regen
Spezialität der Region: mit Quark gefüllte Pfannkuchen

 

 

2 Kommentare

  1. In der Überschrift machst du aus den Karpaten den viel schöneren Namen Karapaten. Habe lange gegrübelt, was dahintersteckt, aber vermutlich waren nur deine Finger mal wieder schneller als beabsichtigt. Immer diese unkontrollierbaren menschlichen Werkzeuge bei der Umsetzung von Sprache in Schrift…
    Eigentlich wollte ich nur unter Beweis stellen, dass ich wirklich deinen Blog regelmäßig lese, und zwar aufmerksam….
    Zdenek

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