Almaty – same, same, but different

20 Jahre sind vergangen, seit ich das letzte Mal in Almaty in Kasachstan war. Vieles hat sich verändert (z.B. ist Almaty nicht mehr Hauptstadt), nur eine Sache ist gleich geblieben: Nursultan Nasarbaew ist immer noch Präsident.

Kasachstan (das 9größte Land der Welt) ist der große reiche Bruder von Kyrgyztan.  Die beiden Länder verbindet eine ähnliche (Turk-)Sprache und eine ähnliche Geschichte, in der die Saken/Skythen, die Chinesen, die Perser, die Mongolen, Dschingis Khan, die Seidenstraße, die Russen und zuletzt die Sowjetunion eine wichtige Rolle gespielt haben. Wobei die kasachische Sowjetgeschichte grausamer ist als die kirgisische, dazu aber beim nächsten Mal mehr. (Hier ist der Wikipedia Artikel zur kasachischen Geschichte).

Ich fahre von der kirgisischen Hauptstadt Bischkek mit dem Taxi zur Grenze, überquere diese zu Fuß und fahre dann mit dem Sammeltaxi weiter nach Almaty in Kasachstan. Klingt umständlich, ist aber der schnellste Weg, da Fußgänger zügig abgefertigt werden. Als wir uns der Stadt nähern, ist es ganz offensichtlich, dass es hier wirtschaftlich besser läuft. Wo in Kirgisien bescheidene Imbissbuden am Wegesrand stehen, säumen hier schicke Restaurants die Straßen.

Das Durchschnittseinkommen in Almaty liegt ungefähr bei 120.000 Tenge, 150.000 sind aber auch nicht unrealistisch. Ein Wocheneinkauf kostet ca. 10.000 Tenge. D.h. von dem Gehalt kann man ganz gut leben und sich auch ein bisschen was leisten. Dafür spricht auch, dass es jede Menge Cafés und Restaurants gibt, die gut gefüllt sind.

Almaty ist an sich eine typische mitelasiatischen Stadt, die im 19. Jh. von den Russen gegründet wurde, auch wenn es früher bereits Ansiedlungen gab. Bis zur Zwangskollektivierung waren die Kasachstan wie die Kirgisen Nomaden. Die Stadt ist quadratisch angelegt, so richtige Sehenswürdigkeiten oder ein historisches Zentrum gibt es nicht. Was nicht heißt, dass es hier nicht nett ist.

Es ist angenehm grün, ich verbringe die ersten Tage im Café mit Planung, was sich als relativ schwierig herausstellt. Es gibt zwar Tourismus, aber der ist noch in den Kinderschuhen. Auf alleinreisende weibliche Touristen, die wirklich wandern wollen, ist niemand eingestellt. Das merke ich auch beim Kauf von Wanderschuhen (meine sind durchgelatscht), bei dem ich mit meinem Ansinnen wirkliche, echte, richtige Wanderstiefel zu erwerben auf hochgezogene Augenbrauen stoße.

Schließlich buche ich einen Wochendausflug zu den beiden Kolsai-Seen, der ziemlich lustig wird. Losgehen soll es Freitag Abend, geschlafen wird in einem kleinen Dorf bei den Dorfbewohnern, am Samstag wird vom ersten Kolsai-See hoch zum zweiten Kolsai-See gewandert. Tasächlich starten wir am Freitag Abend erst um 22:00, bis auf meinen späteren Wanderkollegen Aidyn haben die überwiegend weiblichen russischen und kasachischen Mitreisenden Schühchen an, mit denen sie sicher nicht wandern. Um 4:00 morgens bleibt der Bus liegen, sämtliche Hoffnungen auf ein paar Stunden Schlaf im Bett schwinden. Wir sind schließlich um 8:00 da, es dauert bis 9:30 bis wir auf die Häuser verteilt sind, um 10:30 sind wir abfahrbereit zum ersten See, allein der Bus springt nicht an. Um 11:30 ist ein anderer Bus organisiert, um kurz nach 12:00 sind wir beim ersten See, es regnet und der Guide erklärt, dass wir es auf keinen Fall zum zweiten See schaffen. Aidyn und ich verweisen auf gute Ausrüstung, organisieren ein Taxi, das uns am Abend abholt und marschieren trotz unzufriedenem Guide mit ein paar anderen los, die zumindest halbwegs feste Schuhe anhaben. Tatsächlich wird es ganz schön sportlich, die Strecke Hin- und  zurück bis zum Einbruch der Dunkelheit zu schaffen, aber es macht echt Spaß, zumal aufgrund von Wetter, Schlamm und ungeeigneter Ausrüstung nichts los ist. Der zweite See sieht im Nebel und Regen auch so richtig schön romantisch aus (weniger romantisch ist, dass es saukalt ist). Als wir zurück kommen, hat unsere tolle Gastgeberin Schanar wunderbare Manty (gefüllte Teigtaschen)  zubereitet und die Banja eingeheizt. Tatsächlich sind auch die Mädels, mit den ich das Häuschen von Schanar auf allen Sofas und Betten und was sich so findet teile, echt nett und lustig.

Schanar ist jemand, der so richtig mit dem Kosmos im Einklang ist, wie sich das die Esos bei uns vorstellen. Obwohl das Leben mit 5 Kindern, ohne Mann (dieser ist an Hautkrebs verstorben), einer Schafherde, ein paar Kühen und einem Pferd ohne Kanalisation (aber mit Highspeed Internet) sicher nicht ganz einfach ist. Die Touristen sind für sie ein willkommeners Zubrot. Ich hoffe, diese Art von Tourismus bleibt hier erhalten, so haben die Einheimischen etwas davon, es gibt keine Hotels, die die Landschaft verschandeln und die Zahl der Touristen hat auch eine ganz natürliche Grenze. Kitschigerweise fallen nachts als ich an den wiederkäuenden Kühen vorbei zum Plumsklo stolpere auch noch etliche Sternschnuppen vom Himmel.

Am nächsten Tag schauen wir noch den hübschen Kaindysee an und als eine Stunde vor Almaty unser Bus endgültig liegen bleibt, hält sofort ein anderer Reisebus, alle rücken zusammen und wir kommen wohlbehalten wieder in Almaty an.

Anmerkung zu Schluss: ich hätte natürlich auch mit anderen westlichen Touristen im klimatisierten SUV fahren können, aber so war es schon viel lustiger.

Der See ist direkt neben dem Busbahnhof – im Hintergrund sind die Berge
Almaty ist sehr sowjetisch geprägt, aber überall sind Bäume
Die russisch-orthodoxe Kirche im Abendlicht
Das ist die Hand des Präsidenten Nasarbaew, man kann die eigene hinein legen und sich etwas wünschen
Wer sich jemals über die vielen Baustellen in München beschwert hat, es ist ein Kindergarten im Vergleich zu Almaty
Die Imbisskette „Kaganat“ ist kantinenhafter als das ukrainische Pendant …
… aber der Lagman (uigurisches Nudelgericht) ist sehr lecker.
Die Napoléon-Torte wird auch im hippesten Café in Ehren gehalten
Jetzt kommen Bilder vom Ausflug: Der 2. Kolsai-See im Nebel – der Aufstieg hat sich gelohnt. Auf der anderen Seite des Berges ist der Issyk-kul in Kyrgyztan.
Das ist der Kaindysee, der 1917 aufgrund eines Erdbebens entstand
Am 2. Tag gibt es bei Schanar Plov und allerlei andere leckere Dinge. Hier ist alles selbst gemacht: Brot, Butter, Kurut (gerockente Käsebällchen), saure Sahne, Marmelade. Das Fleisch ist von den eigenen Schafen, nur der Reis ist aus dem Laden.
Schanar ist die dritte von links. Der Mann ist nicht Aindyr, sondern der Schweizer Ehemann der Russin links hinter ihm, der nicht schlecht gestaunt und ansonsten meistens geschwiegen hat, da nur Russisch und Kasachisch gesprochen wurde.

2 Kommentare

  1. Nach einer längeren Pause habe ich Deinen Blog gelesen und genossen Hast Du Deine Hand in die des Staatschefs gelegt und ist möglicherweise der Wunsch schon in Erfüllung gegangen?
    Hier kommen ein paar Wünsche für einen guten Reisefortgang, elfi

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    1. Vielen Dank liebe Elfi! Bitte grüße den Russischklub, ich freue mich darauf, Euch wiederzusehen.

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